Lenker, Griffe und Stopfen
In den Kindergärten ist es immer wieder eine große Aufgabe, den Fahrzeugpark durchzuschauen, zu warten und zu reparieren. In der Rubrik „Fahrzeuge“ der Reparaturtipps ist ja auch ein großes Spektrum verschiedener Mobilitätshilfen aufgelistet und die Reparaturverfahren für das entsprechende Modell. In diesem Artikel stelle ich mal meine Erfahrungen mit Lenkern und Griffen zusammen und wie man sich helfen kann. Lenkerrohre der Fahrzeuge in den Kindergärten bestehen überwiegend aus Stahlrohr. Für die kleineren Piloten meist mit einem Durchmesser von 18 oder 20mm. Bei den größeren Fahrzeugen wird 22mm Durchmesser verwendet, die Firma Winther und Rabo verwenden auch 25mm. Allen Fahrzeugen gemein ist, daß sie im Betrieb gerne auf den Boden geworfen werden. Dabei stoßen die Lenkerenden dann durch die Griffe, denn die sind aus Kunststoff und somit weicher. Da die Lenkerrohre meist eine Wandstärke von 1mm haben, ist das wie eine Stanze und der Griff ist durch. Üblicherweise an der Unterseite des Lenkrohres. Paßt die Aufsicht dann im Laufe der Zeit nicht auf, so gibt es Grate am Lenkrohr, die sich nach unten außen bilden und nach unten innen. Noch besser wird es, wenn sich die übriggebliebene Griffröhre nach innen schiebt und dann das Lenkrohr mit dem Grat direkt herausschaut. Recht gefährlich, da die Grate recht scharf sind. Nun die einzelnen Schritte mit den Optionen, wie man das dauerhaft wieder in Ordnung bekommt:
Griffe entfernen: Möchte man den Griff nicht weiterverwenden, so schneidet man ihn auf und wickelt ihn ab. Spannender wird es, wenn der Griff nochmals verwendet werden soll. Weiche Griffe kann man überreden abzugehen, indem man mit einem dünnen Schraubendreher auf der lenkerinneren Seite den Griff dehnt und dann nach außen abzieht. Da braucht es starke Fingernägel. Mit einer kleinen Spritze kann man auch Wasser oder Brennspiritus zwischen Griff und Lenkrohr bringen und den Griff dann abziehen Die Super-Deluxe-Methode geht mit einer Preßluftpistole, deren Düse man an der Innenseite des Lenkers unter den Griff fummelt und dann Druck gibt. Der Griff löst sich und kann nach außen abgezogen werden. Mit der kleinen Akkuluftpumpe geht das allerdings nicht.
Lenkerenden saubermachen: Wie oben beschrieben, müssen die Grate an den Lenkerenden ab. Innen und außen. Für den inneren Grat macht ein Schälbohrer Sinn (6-20mm), der in den Akkuschrauber eingesetzt wird. In meiner Werkzeugtasche ist ein 9,6V-Schrauber, der schafft das ganz gut im ersten Gang. Drehmoment auf max (Bohren), dann rattert es nicht so. Hierbei muß man nur warten, bis das Lenkrohr innen wieder rund ist. Das geht so wesentlich besser, als mit einer Rundfeile, wo man immer wieder neu ansetzen muß, da sie sich sonst in einer Lücke des Grates festläuft. Außerdem sind über die Zeit in etlichen Lenkrohren Kunststoffstopfen eingeschlagen, die nach innen gestoßen wurden und damit fehlt der notwendige Hub, um mit der Feile schnelle, gute Ergebnisse zu erzielen. Wenn man bei einem Kindergarten vor Ort arbeitet, sollte man einen Lappen unterlegen, um die Metallspäne aufzufangen, oder man geht dafür an eine Stelle, wo die Kinder nicht hinkommen. Der Außengrat wird dann mit einer Flachfeile entfernt. Damit das nicht allzu lange dauert, wählt man eine, die so 30cm lang ist und einen groben Hieb aufweist (z.B. Hiebnummer 1, also ein Bastard). Das geht recht schnell, denn die Lenkrohre sind recht weich. Da man vor Ort den Lenker nicht einspannen kann und mit der anderen Hand festhalten muß, ist Vorsicht angesagt, denn Bastardfeilen schlagen tiefe Wunden, wenn man abrutscht. Handschuhe wären hier nicht schlecht. Ein- oder zweimal habe ich auch einen Winkelschleifer mit Schruppscheibe für diese Arbeit mit zu den Kindergärten genommen. Das war ein Drama. Man soll ja alles erklären, was man so macht. Gesagt getan. Beim Schleifen drehten die Kleinen durch, heulten, schrieen, hielten sich die Ohren zu und rannten blöde rum. Diese Jugend von heute hält irgendwie nichts mehr aus. Wie soll das nur mal werden, wenn der Flughafen Frankfurt eine weitere Startbahn braucht ?
Lenkerenden verschließen: Damit die Lenkrohre sich nicht wieder durch die Griffe stoßen, zumindest nicht so schnell, schlage ich Rohrstopfen in die Lenkerenden. Dies hat Vorteile, denn so ein Stopfen kostet etwa 6Ct, ein Griff mittlerweile fast 2 Euro. Gehandelt werden diese Stopfen in Tüten zu 100Stück bei der Firma Fux Rosetten. Hier sind es die Lamellenstopfen für Rundrohre. Dabei spielt noch der Außendurchmesser des Rohres eine Rolle, meist 22mm oder 25mm für Winther-Fahrzeuge. Im Laufe der Zeit habe ich einige dieser Beutel verarbeitet und festgestellt, daß Griffe und Stopfen umso eher verschleißen, je mehr die Außenanlagen der Kindergärten gepflastert sind. Also mal überlegen, wie man das robuster hinbekommt. Ganz zufällig brauchte meine Vespa 50 Spezial (Bj1976) neue Reifen, so daß die verbrauchten zur Verfügung standen. Da sich im Werkzeugfundus auch ganz zufällig ein Satz Stanzeisen befindet, war das der erste Ansatz. Aus dem Profil des Rollerreifens wurden mit viel Mühe, den Stanzeisen und einem Schraubstock Scheiben ausgestanzt. Das geht, da die Reifen eine durchgängige Karkasse aus Kunstfaser haben. Diese Scheiben und die Stopfen wurden dann mit 6mm durchbohrt und miteinander verschraubt. Das ging schon mal ganz gut und hält seitdem bei einigen Fahrzeugen über Jahre.
Allerdings ist der Aufwand erheblich und das dämliche Stanzeisen wird recht schnell stumpf. Der mächtige Druck des Schraubstocks hilft zwar noch ein paar Scheiben weiter, dann ist aber auch Feierabend. Die Scheiben hatten dann allerdings auch eine Stärke von etwa 8mm. Mal wieder auf der Suche nach Nachschub fand ich bei Fux-Rosetten Lamellenstopfen mit aufgepreßter Edelstahlkappe. Immerhin 60-80Ct das Stück aber immer noch billiger, als ein Griff. Zwei Beutel mit je 50Stück 22mm und 25mm wurden geliefert und der nächste Test stand an. Stopfen eingeschlagen und die Roller zweimal umgeworfen. Die Kappen sprangen ab. Irgendwie kam ich zu dem Schluß, daß dieses Produkt nicht 100%ig für meine Zwecke entworfen wurde. Also ran an die Drehmaschine und alle Stopfen zentrisch durchgebohrt. Die 22er mit 5,5mm und die 25er mit 6,5mm. Endlich kamen die Unmengen kurzen 5er und 6er Schrauben zum Einsatz, die noch im Fundus sind. Dabei habe ich besonders Schrauben mit hohem Kopf herausgesucht, die sich dadurch opfernd in die Schlacht werfen. Bei der Verschraubung reicht ein Tropfen Loctite 243 und eine normale Stahlmutter, das hält. So, der nächste Test kann kommen. Dabei sollte auch klar sein, daß man bei der Verwendung dieser Stopfen keinen neuen Griff mehr auftreiben kann, da die Edelstahlkappe zusätzlich aufträgt. Also verwende ich die Hülsen der alten Griffe weiter, ergänzt durch diese Stopfen am Lenkerende. Das funktioniert gut, sogar noch besser als die Stopfen mit den Reifenscheiben, da diese nicht so einfach von den Kindern aus den Lenkerenden gerissen werden, oder sich irgendwo verhaken können.
Griffe auftreiben: Ok, hört sich einfach an, ist es aber nicht. Die meisten Griffe, die man so in den Sortimenten findet, sind für Lenkerdurchmesser von 22mm. Sind diese Griffe flexibel, so kann man sie nach etwas Erwärmen auch für die 25mm Lenker verwenden. Nehmen wir mal an, das Lenkerende ist mit einem Stopfen verschlossen und man steckt den Griff auf. Nun hält man den Lenker fest und treibt den Griff am besten mit einem Schrothammer auf. Dabei ist etwa bei der Hälfte der Strecke Feierabend, da der Griff sich am Lenker festgesaugt hat. Nach einer wüsten Prügelorgie schafft man es vielleicht, den Griff dennoch zu setzen. Oder man macht es sich einfacher, indem man den Lenker vor dem Auftreiben mit Brennspiritus benetzt. Wasser geht auch und man ahnt es, im Feld spucke ich in die Hand und reibe damit den Lenker ein. Sollte man aber nur unter Ausschluß von Publikum machen, geht aber am schnellsten. Von der Verwendung von Öl oder WD40 rate ich ab. Der Griff ist schnell drauf, aber auch schnell wieder ab, da er nicht auf dem Lenker haftet. Zu den Griffen: Sehr gerne verwende ich Griffe mit einem Pralltopf an der Außenseite. Diese findet man in mehreren Farben in den Fahrradabteilungen der Baumärkte. Diese sind recht flexibel, daher auch griffig für die Kinder. Außerdem tut es nicht so weh, wenn man ihn mitsamt Lenker in den Bauch kriegt. Als Muster haben sie meist kleine Nashörner oder Punkte. Bei Dreirädern, die nicht so häufig umfallen gehen auch Griffe für normale Fahrräder, die preisgünstiger bei Occasionshändlern erhältlich sind. Bei Fahrzeugen mit 20mm Lenkrohrdurchmesser kann man sich dadurch behelfen, daß man an den Lenkerenden eine Manschette aus Gewebeklebeband aufbringt, um den Durchmesser zu erhöhen. Da der Griff dann das Klebeband auf den Lenker preßt, geht auch Klebeband, das schon etwas überlagert ist. ;-)).