Reparatur Schiebedach Mercedes-Benz A-Klasse (W169)

Das Tageskindertaxi der Besten von Allen ist oben genanntes Fahrzeug, auch A-Klasse genannt. Eine Besonderheit ist, daß es mit Klimaanlage und Schiebedach augerüstet ist, da sie im Sommer gerne mit geöffnetem Schiebedach fährt, um den Kindern die Welt zu zeigen. Eines Tages erzählte sie mir, daß sich das Schiebedach nicht mehr öffnen ließe. Es ist ein Lamellenschiebedach, das von der Firma Webasto zugeliefert wurde. Die erste Lamelle ließe sich nicht aufstellen, dann passierte jedoch nichts mehr. Drückt man die Lamelle hoch, dann öffnete sich das Dach. Dazu wäre es dann auch noch undicht, so daß der Fahrzeughimmel an den A-Säulen auch noch häßliche gelbe Flecken bekommen hätte.

Hmm, stimmt alles, also mal im Forum www.motor-talk.de bei W169 stöbern, was darüber zu finden ist. Es stellte sich heraus, daß dies ein bekanntes Problem ist, denn das Schiebedach ist aufgrund seiner diffizilen Mechanik sehr empfindlich. Es sollte im Winter nicht geöffnet werden und verlangt jährliche Wartung, was das Reinigen und Schmieren der Führungen angeht. Die Wartungen habe ich durchgeführt, es ging jedoch trotzdem kaputt.

Einige Forumsmitglieder haben das Schiebedach abgeklemmt und dann die Lamellen verklebt, als sie den Preis für die Reparatur in ihrer Werkstatt erfragt haben. Andere haben sich ein gebrauchtes, intaktes Schiebedach gekauft und es dann eingesetzt. Wieder andere haben die Reparatur selbst versucht und sind gescheitert. Das scheint also nicht ganz einfach zu sein. Aber nicht unterkriegen lassen, ans Werk. Kein Kompromiß ist akzeptierbar für unser Tageskindertaxi !!

Bei der Untersuchung der Schiebedachführungen kam auf der rechten Seite an der A-Säule ein kleines Kunststoffteil zutage, das abgebrochen war. Das ist der Aufsteller der ersten Lamelle. Die Werkstatt empfahl das Auswechseln des Schiebedachs, was kostenmäßig ein heftiges Schlucken und eine momentane Kreislaufschwäche bei mir auslöste. Bei der weiteren Forschung stieß ich auf einen Reparatursatz, der vom Schiebedachhersteller über die Werkstätten von Mercedes-Benz zum Preis von etwa 120€ vertrieben wurde. Inklusive Einbauanleitung. Zusätzlich ist noch Butylschnur für 20€ notwendig, um das Schiebedach wieder gegen das Fahrzeugdach abzudichten, denn die Reparatur geht nur am ausgebauten Schiebedach. Nach dem Studium der Reparaturanleitung kam ich zu dem Schluß, daß ich das ohne fachkundige Hilfe wohl nicht schaffen würde.

Im Forum fand ich den Markus (magggus71), der das bei seiner A-Klasse schon gemacht hatte und er meinte, wenn ich mithelfen würde, dann könnten wir das angehen. Er wohnt etwa 30km entfernt von Dietzenbach und wir einigten uns auf einen Samstag. Zunächst müssen jedoch einige Vorarbeiten erledigt werden, denn alles, was innen oberhalb der Hüftlinie des Fahrzeugs ist, muß entfernt werden, um den Fahrzeughimmel demontieren zu können. Erst dann kann man das Schiebedach ausbauen. Also los am Freitag: Die Haltegriffe haben je zwei Klammern, die mit einem Kunststoffteil in der Mitte gespreizt werden. Kunststoffteil heraushebeln, Griff entnehmen. Gleiches gilt für die Sonnenblenden. Die Dachbedieneinheit wird nach unten gezogen und ausgesteckt. Die Verkleidungen der A-Säulen werden nach oben gezogen und entnommen, nachdem die Türdichtung in der Gegend abgezogen worden ist. Für den Ausbau der Verkleidungen der B-Säulen müssen die oberen Umlenkpunkte der Sicherheitsgurte abgeschraubt werden. Die Verkleidungen der C-Säulen sind geclipst und geschraubt. Auch hier gilt es, die oberen Umlenkpunkte der hinteren Sicherheitsgurte abzuschrauben. Dann wird die Beleuchtung des Fonds aus dem Dachhimmel nach unten abgehebelt und abgesteckt. Es macht Sinn, die Kabelschuhe mit Malerkrepp zu isolieren, denn die Batterie wurde ja nicht abgeklemmt. Hätte ich machen können, aber ich muß ja noch zum Markus fahren und dafür brauche ich ja die Batterie. Nun werden alle Türdichtungen und die Dichtung der Heckklappe bis zur Hüftlinie heruntergezogen und der Fahrzeughimmel ist frei zum Ausbau. Vorne ist wohl noch eine der wenigen Schrauben, die zu lösen sind. Der Himmel kann dann nach hinten durch die Öffnung der Heckklappe entnommen werden. Spätestens jetzt ist man erstaunt, wie groß das Ding ist. Unsere Diele war mit den Teilen ganz schön ausgefüllt, denn es galt noch, die hinteren Sitzpolster auszubauen, um nach Umlegen der Rücksitzlehnen eine lange, ebene Arbeitsfläche zu erhalten. Das sind nur ein paar Schrauben, also schnell gemacht. Alle Kleinteile sammelt man am Besten in einem Eimer, daß nichts verlorengeht oder vergessen wird. Nun mußte die Fahrt vorbereitet werden, also alle Türdichtungen wieder aufstecken, die Dachbedieneinheit mit etwas Strippe aufhängen und wieder anschließen. Zusätzlich habe ich noch eine Abdeckung aus Planenstoff angefertigt, damit kein Regen in den Innenraum kommen kann, wenn das Schiebedach ausgebaut ist, denn der Wetterbericht sah für den Samstag schlecht aus. So, die ersten vier Stunden der Reparatur waren rum. Sicherlich ist das lang, jedoch macht es Sinn, vorsichtig und geduldig beim Ausbau der Teile vorzugehen, damit nichts zerbricht, denn das Beschaffen der Ersatzteile kostet auch Zeit ( und Geld, hüstel..).

Am nächsten Tag ging es nach Ober-Ramstadt, um dem Schiebedach das Öffnen wieder beizubringen. Es regnete in Strömen. Glücklicherweise hatte Markus einen Faltpavillon aus wasserdichtem Stoff in seiner Einfahrt aufgestellt, unter den das Auto abgestellt werden konnte. Es regnete dann stärker. Im Folgenden war es meine Aufgabe, regelmäßig aus der Werkstatt zum Pavillon zu gehen, um das Regenwasser vom Pavillondach zu entfernen, das sich in Stoffmulden auf dem Dach sammelte. Dies geschah in eigenem Interesse, denn wenn das Dach des Pavillons nachgegeben hätte, wäre die Rückfahrt unkomfortabler geworden. Das Schiebedach wurde abgeklemmt, die Wasserablaufschläuche von den Stutzen gezogen, die Befestigungsschrauben gelöst und das Dach vorsichtig nach unten gedrückt. Dann klebt es nur noch an der Dichtung zum Dach, also galt es aufzupassen, daß es nicht unkoordiniert plötzlich runterkracht. Dies wäre auch aus dem Grund blöde, denn die Dichtungspampe macht Flecken, die kein Mensch mehr aus einer beigen Inneneinrichtung entfernen kann und dann wäre allein der Blick der Besten von Allen vernichtend für den ambitionierten Heimwerker. Also nochmals, AUFPASSEN ! Das Schiebedach konnte dann über die Öffnung der Heckklappe zu zweit entnommen und in die Werkstatt gebracht werden. Hier mußte es komplett zerlegt und vom Kleber gereinigt werden. Ein richtiges Schmankerl hält das Dach als erstes bereit. Es sind die beiden Sonnenrollos, die unter den braun-transparenten Lamellen angebracht sind, um den Lichteinfall ins Innere des Wagens begrenzen zu können. Diese zwei Rollos gilt es so auszubauen, daß die Führungsseile nicht von den Rollen springen und die Vorspannung nicht verlorengeht. Wie bei den Zugrollos für Fenster. Paßt man hier nicht auf, so können Stunden ins Land gehen, bis man das wieder in Ordnung hat. Wir entwickelten eine Möglichkeit, die Rollos mit Vorspannung auszubauen und zu lagern, allerdings unter Verwendung von vier Händen. Alleine ist es wesentlich schwieriger. Nun werden die Lamellen abgeschaubt und in der richtigen Reihenfolge auf die Seite gelegt. Dann der Rahmen. Er besteht aus zwei Alu-Profilen an den Seiten, in denen die Züge mit den Schlitten für die Lamellen laufen und zwei Kunststoffteilen vorne und hinten, in denen die Züge des Antriebs laufen, der Motor angebracht ist und das Regenwasser gesammelt wird, das von oben durch die Dichtung gerät. Diese Teile sind mit Silkaflex elastisch verklebt und dann verschraubt. Das muß alles auseinander und der Kleber entfernt werden. Dies gelingt mit Silikonentferner, allerdings kann es sehr schnell zu einer ziemlichen Sauerei werden, wenn man nicht aufpaßt, keine Handschuhe trägt, oder einen zu kleinen Lappen hat. Der Kleber ist schwarz und macht Flecken...,naja, das hatten wir ja schon. Der Reparatursatz enthält eine Menge Ersatzteile, von denen man mehr oder weniger verwenden kann, je nach Verschleiß oder Bruch der Originalteile. Bei unserem Dach waren nur wenige Teile des Antriebs notwendig und es ging an den Zusammenbau.

Die Züge mit den Schlitten werden in die Führungen geschoben, dann die Plastikteile an den vorgegebenen Gräben mit Silkaflex (am Besten aus einer Kartusche) versehen und mit den Aluprofilen verschraubt. Hierbei sollte man sparsam sein, so daß der Wasserabfluß später nicht behindert wird. Liegt alles richtig und ist stabil verschraubt, so kann man mit einer Autobatterie die Funktion am Anschlußstecker prüfen und schauen, daß alles leichtgängig ist und die Schlitten parallel laufen. Nun werden die Rollos wieder eingebaut und die Lamellen aufgeschraubt. Wie beim Ausbau, mit großer Vorsicht. Nun geht’s wieder ans Auto und die Öffnung für das Schiebedach wird rundherum mit der neuen Butylschnur versehen. Dann wird das Schiebedach durch die Öffnung der Heckklappe wieder ins Innere gebracht, nach oben gehoben und verschraubt. Dabei muß man permanent die Dichtungslinie des Schiebedachs gegen die Linie des Fahrzeugdaches beobachten, denn ein Verschieben ist kaum mehr möglich, wenn die Butylschnur durch weiteres Anziehen der Befestigungsschrauben gedrückt wird. Das Zeug ist zäh und klebt wie Pumaka... Dann werden die Lamellen noch ausgerichtet, daß sie gut sitzen, nicht aneinanderstoßen und gut auf der Primärdichtung aufliegen. So, das war's hier. Werkzeug sortieren, einladen, den vereinbarten Tarif übergeben (wird hier nicht verraten, war aber sehr fair) und wieder heimfahren. Das waren die nächsten acht Stunden der Reparatur. Zu Hause angekommen, hatte der Regen natürlich aufgehört und ich brauchte ein Siegerbier.


Das Tageskindertaxi im Pavillon


Schiebedach ausgebaut


Schiebedach auf der Werkbank


Aluprofile längs mit Schlitten


Die Einzelteile


Rahmen montiert






Einbau der Sonnenrollos


Vorderteil mit Motor


Verlegen der Butylschnur


Schiebedach eingesetzt


Aufsteller geht wieder


Dachbedieneinheit mit Strippe



Die Beste von Allen hatte sich in der Zwischenzeit die ausgebauten Verkleidungen und den Dachhimmel vorgenommen und wieder prima hinbekommen. Dabei verwendete sie einen Reiniger mit Panamarindenextrakt und eine Bürstenflasche mit Schwamm, in die die angesetzte Lösung ( 1Teil Reiniger, 3Teile Wasser) gefüllt wird. Dann wird Schaum erzeugt und auf den fleckigen Stellen verteilt. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, alle Teile sahen jedenfalls wie neu aus und die Wasserränder waren weg. Rund drei Stunden waren dafür notwendig.


Reinigungsmittel und Schwamm für die Reinigung des Dachhimmels

Am folgenden Tag war Sonnenschein und zunächst wurden die Ablaufschläuche des Schiebedachs mit Kabelbindern auf den Stutzen gesichert. Dies vermeidet Flecken auf dem Dachhimmel, wenn starker Regen angesagt ist. Dann wurden Himmel und alle Verkleidungsteile eingebaut, bis keine Schraube mehr übrig war. Besonders ist auf das richtige Anzugsdrehmoment der Umlenkungen der Sicherheitsgurte zu achten. Es ist kein Fehler, diese Verschraubungen mit Loctite 243 (halbfest) vor dem Anziehen zu sichern. Den Wert und viele weitere Hinweise bekommt man aus Literatur der Reihen „So wird’s gemacht“ oder „Jetzt helfe ich mir selbst“ für den W169. Drei Stunden später war alles wieder zusammen und die Reparatur abgeschlossen.

Zum Abschluß eine kleine Bemerkung, denn ich habe mich etwas geärgert. In der A-Klasse werden jede Menge Funktionen und Baugruppen von Steuergeräten gesteuert und von einem Diagnosesystem überwacht. Jeder Ausfall eines dämlichen Lämpchens wird im Display gemeldet und Ersatzfunktionalitäten werden geschaltet. Nur bei der Funktionsgruppe des Schiebedachs ist nichts vorhanden. Die Bordspannung wird auf den Motor geschaltet und der Rest ist Schicksal. Eine kleine Schaltung, die die Stromaufnahme des Schiebedachmotors mißt und ihn unterbricht, bevor es den Antrieb auseinanderreißt wäre mehr als hilfreich, um solch eine Reparatur zu vermeiden. Gut, die Leute kommen dann im Winter in die Werkstatt, wenn das Dach vereist ist, doch dann kann man ihnen den Sinn erklären. Nun erklärt man den Sinn und die Leute haben ein kaputtes Dach. „Steht doch in der Betriebsanleitung“. Ärgerlich. Mußte ich mal loswerden.

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