Pfaff Nähmaschine Typ 204, 208,285 und 295

Auf der Ehrenamtsmesse in Dietzenbach am 07.03.15 wurde ich von einer jungen Dame angesprochen. Sie wolle sich mit Maschinennähen beschäftigen und habe von ihrer Mutter eine Pfaff Maschine geschenkt bekommen. Eine Freundin wollte ihr zeigen, wie man die Maschine nutzt, jedoch würde das nicht funktionieren. Klingt interessant, Kontakt und Telefonnummer aufgenommen, die Messe ging weiter. Nach der Messe waren noch einige Dinge zu erledigen, aber schließlich verabredeten wir uns in meiner Werkstatt eines Nachmittags und sie sollte die Maschine mitbringen. Gesagt getan, sie war pünktlich und hatte den Koffer dabei. Beim Öffnen des Koffers sah ich eine Pfaff 285, die auf dem Kopf lag. Nicht die besten Voraussetzungen für eine Nähmaschine. Maschine aufgebaut und probe genäht. In der Tat ließ die Maschine Stiche aus. Zunächst wurde der Bereich des Greifers mit Staubsauger und Pinsel gereinigt. Dann der obere Deckel abgenommen und die Mechanik mit Waffenöl (Ballistol) sparsam geschmiert. Dabei verwende ich kein Spray, eine Flasche mit Öl und ein feiner Schraubenzieher ermöglichen eine feinere und gezieltere Dosierung. Außerdem ist das preisgünstiger. In der Bedienungsanleitung wird zwar darauf hingewiesen, daß nur der Bereich der Laufbahn des Umlaufgreifers zu ölen sei, aber eine Maschine, die so um die 50 Jahre alt ist, freut sich sicherlich auch an anderen Lagerstellen über etwas Öl. Danach lief die Maschine wieder einwandfrei und war wieder... eine echte Pfaff. Dann war noch etwas Zeit, sich über Spulen, Fadenspannungen, Nähte, Füßchen und Pflege zu unterhalten.




Die zweite Begegnung mit einer Pfaff 285 ergab sich im Sommer/Herbst 2015. Viele Flüchtlinge kamen ins Land, viele halfen ihnen und dafür wurden viele Dinge gebraucht. Über die Seite „People-like-me“ stieß ich auf die Anforderung einer Flüchtlingshilfe nach drei Nähmaschinen. Hmmm, mal schauen, was ich so tun kann. Zunächst schaute ich in mein bevorzugtes Bilderbuch (eine Auktionsplattform im Internet), was da so im Bereich Pfaff angeboten wurde, denn zum einen bauen sie hochwertige Produkte, zum anderen bin ich seit über 30 Jahren ein Fan (siehe Artikel über die Pfaff creative 1469). Einen maximalen Preisrahmen hatte ich mir gesetzt und die Maschine sollte auch noch komplett sein (Anlasser und Spulenkapsel, nach Möglichkeit auch das Zubehör). Nach einiger Zeit kaufte ich dort eine Pfaff 285, die nach drei Tagen auch geliefert wurde. Allerdings ohne Anlasspedal. Das gelang es, einen Tag später auch dort zu ergattern. Zunächst wurde die Maschine zerlegt und sowohl außen als auch innen gereinigt. Meist wurden solche Maschinen lange nicht gepflegt und ewig gelagert, so daß im Bereich des Greifers auch Rost zu beseitigen war. Glücklicherweise nur Oberflächenrost, dem man aber mit Öl und Läppleinen beikommen kann. Die Metallteile der Mechanik waren mit einer gelblichen Schmiere überzogen, die mit Brennspiritus entfernt werden konnte. Sieht dann zwar schicker aus, es empfiehlt sich dann aber, diese Teile mit einen schwach ölgetränkten Lappen wieder einzureiben, um den Rostschutz wieder herzustellen. Dann wurde der Motor ausgebaut, zerlegt und gereinigt. Er hat ein konisches Antriebsrad und überträgt seine Kraft auf das Handrad der Maschine. Der Gummi des Antriebsrades war steinhart und bröselig, also ein neues mußte her. Das gibt es noch als Ersatzteil. Bei der Gelegenheit wurde auch gleich der Spulergummi gewechselt, der genauso hart war. Der Anker kam in die Drehmaschine und die Lauffläche der Schleifkohlen wurde mit Läppleinen poliert. Die Schleifkohlen hatten noch ausreichend Länge und so wurde der Motor wieder montiert. Das Anlasspedal wurde zerlegt. Hier ist eigentlich nur ein großer Drahtwiderstand drin, der schräg eingebaut ist. Über das Pedal drückt man einen Schleifer senkrecht hinunter, der an der Drahtwicklung entlanggleitet und so den Widerstand verändert. Im langen Leben kommt auch schon mal etwas Feuchtigkeit in das Pedal, es gilt also alle Bleche und Kontaktstellen sorgfältig zu polieren. Dabei hilft Autosol, eine Poliercreme aus der Tube, die mit einem Baumwolllappen dünn aufgetragen und dann wieder abgerieben wird. Die Feder, die das Pedal nach oben drückt, dient auch als elektrische Zuleitung zum Schleifer, daher machte es Sinn, sie nach dem Reinigen mit etwas Vaseline an den Enden einzusetzen. Nun ist hier noch ein Entstörkondensator montiert, der ausgewechselt wurde (100nF, MKP,Spec X2). Das ist eine spezielle Ausführung für die Funkentstörung. Keine andere Bauart darf genommen werden. Außerdem wurde wie beim Original ein 2,2MOhm Widerstand parallelgeschaltet, damit man beim Aufwickeln der Zuleitungen nach der Arbeit keinen geputzt bekommt.


Hmm, das Endergebnis


Anschluß Motor


Anker geläppt


Der Entstörkondensator


Neuer Spulergummi


Motor eingebaut


Anschluß Motor


Pedal zerlegt

Nach der Montage von Maschine und Pedal stand ein Probenähen an. Es stellte sich heraus, daß die Maschine trotz sorgfältiger Einstellung von Ober- und Unterfadenspannung bei Zick-Zack Stiche ausließ und Fäden zerrupfte. Ich setzte mich an mein Notebook, um die Bedienungsanleitung zu suchen. Diese ist noch zum Herunterladen verfügbar und blätterte darin, um den Einfädelvorgang zu studieren. Da gab es einen Knall, die Werkstattsicherung löste aus und die Maschine gab kleine Rauchzeichen von sich. Nach erneutem Ausbau des Motors zeigte sich, daß der Funkentstörkondensator wohl einen Überschlag hatte. Dieser ist ein recht komplexes Konstrukt, da er in einem Metallgehäuse sitzt, das zusätzlich einen Bügel mit Haken für die Feder besitzt, die den Motor an das Handrad drückt. Dieser Kondensator ist zwar noch als Ersatzteil erhältlich, jedoch zu einem Preis, den ich nicht mal für die gesamte Maschine bezahlt hatte. Etwas Studium, was das Ding eigentlich tut, brachte mich auf ein anderes Produkt für eine Pfaff 297-1, das zum halben Preis verfügbar war. Nur mußte die Abdeckhaube des Motors einen kleinen Ausschnitt bekommen, damit das wieder paßt. Außerdem brauchte ich noch den Bügel vom alten Kondensator, um den Motor wieder zu komplettieren.


Der Entstörkondensator


Bügel mit neuen Bohrungen


Neuer Kondensator


Kondensator befestigt


Bügel neu montiert


Aussparung in Abdeckkappe


Anschluß der Y-Kondensatoren


Motor wieder montiert

Als das erledigt war, ging es wieder ans Nähen. Aus der Bedienungsanleitung wußte ich inzwischen, daß der Oberfaden beim Umlegen in der Oberfadenspannung einen kleinen Ruck bekommen mußte, damit die Feder wirksam wird. Aha, Stichbild etwas besser, aber noch nicht gut. Als ran an die Oberfadenspannung: Es ist ein Kunststofftöpfchen, das seitlich mit einer Made (Stiftschraube) gesichert ist. Made gelöst, das Ding klemmte. Einen größeren Schraubenzieher von hinten oben angesetzt, vorsichtig etwas geklopft und das Töpfchen war meins. Das Gehäuse war unten gerissen, so erklärte sich das Klemmen. Ok, dann den Knopf mal abgezogen und betrachtet. Oben im Gehäuse ist ein Steg, der durch Aussparungen der Spannscheiben für den Faden geht. Hier waren die Scheiben so verdreht, das sie klemmten. Also gerichtet. Durch die Oberfadenspannung geht noch ein Stift, der mit der Höhenverstellung des Nähfüßchens verbunden ist, so daß beim Anheben des Füßchens der Oberfaden entspannt wird. Dieser Stift wurde noch gängig gemacht und das Oberfadenspannungsmodul wurde mit etwas Vaseline wieder eingesetzt und mit der Made gesichert. Wieder Zick-Zack genäht. Wieder etwas besser, aber..... Nun fiel mir auf, daß ich als Probeflicken ein altes gewirktes Unterhemd genommen hatte und die Maschine einen Kunststofffuß hatte. Grübel, grübel. Dann Normalfuß aus Metall montiert, als Stoff Markisenware genommen und das Ergebnis war perfekt. Alle Stiche, jede Geschwindigkeit. Aber selber schuld, steht alles in der Bedienungsanleitung. Es bewahrheitet sich wieder: RTFM. Was das wohl wieder für eine Abkürzung ist …;-)) Habe ich früher in der Firma bei nahezu jeder dritten Anfrage gedacht , aber nicht gesagt.


Es ist die rote Naht....

Die zweite Maschine, die mir für dieses Projekt ins Netz ging, war eine Pfaff 204. Im Gegensatz zur 285 hat sie einen außen angebrachten Motor und ein CB (Central Bobbin) Greifersystem. Hier ist es noch wichtiger, auf Vollständigkeit beim Kauf zu achten, da es im Greiferbereich noch mehr lose Teile gibt, die recht teuer sind. Das Handrad lief recht schwer, also abgebaut. Aha, da hat wohl jemand Freude gehabt, eine große Garnrolle in die Mechanik des Handrades zu wickeln. Dann konnte man das Plastikantriebsrad vom Motor einfach abziehen, da die Klemmschraube verlorengegangen war. Ist ja nicht das Problem, neue Klemmschraube eingebaut. Leider eierte das Antriebsrad nun recht stark, so daß die Maschine nicht mehr sauber angetrieben wurde. Da hat wohl jemand versucht, ohne Klemmschraube zu nähen, was das Antriebsrad so stark erhitzte, daß sich die Aufnahmebohrung vergrößerte. Nichtmal eine Manschette aus Dosenblech konnte das beseitigen. Mußte folglich neu. Verflixt. Das Originalteil wäre mit 14€ recht teuer gekommen. Ich fand ein mechanisch vergleichbares Teil aus Metall zum halben Preis (Riemenscheibe, Bohrung 6mm, Durchmesser 17mm). Hmm, eine Kleinigkeit wäre noch zu beachten, da die Maschine schutzisoliert nach Klasse 2 ist. Aber da es eine zusätzliche Abdeckung aus Kunststoff für den Antriebsbereich gibt, kann man das so machen.


Hier das gute Stück


Handrad ausgebaut


Der stille Garnvorrat


Der Anbaumotor


Antriebsrad Motor


Antriebsrad läuft unrund


Anker geläppt


Motor fertig zur Montage


Es geht voran


Uuund fertig

Vorher galt es aber noch, die Drehmaschine zu besuchen und einige Teile wieder auf Vordermann zu bringen, da die Maschine wohl einige Zeit recht feucht stand. Dafür verwende ich eine Sisalscheibe, die mit verschiedenen Polierwachsen beschichtet werden kann, je nach Anforderung.


Drehmaschine mit Polierscheibe


Teile des CB-Greifersystems


Nähfüße und Zubehör


Blechpaket Feldwicklung Motor

Tja, und davor war ein umfangreicher Reinigungsdienst mit Sauger, Preßluft, Pinsel und Lappen notwendig. Alles wurde dann mit Ballistol geölt und die Laufbahnen der Mechanik gefettet.


Die Unterseite der Pfaff 204


Antriebsseite


Greiferseite


Nadelstange




Oberfadenspannung


Greifer komplettiert


Transporteur

Handrad zerbrochen: Eine weitere Maschine hatte genau dieses Problem. Ein neues Handrad war zu einem vernünftigen Preis nicht aufzutreiben, daher wurde es repariert. Jemand hatte schon versucht, das Ganze mit Universakleber zusammenzufügen, jedoch eierte das Handrad ziemlich. Etwas Druck auf die innere Aufnahme zerlegte das Handrad dann. Nun wurden mit einem Zahnarztfräser die Klebstoffreste auf beiden Seiten entfernt, bis beide Teile wieder bündig aufeinander lagen. Mit Zweikomponentenkleber wurden aus zwei Teilen wieder eins.


Handrad mit Kleber


Klebereste müssen ab


Mit Fräser gereinigt


Neue Verklebung


Der antike Kleber

Natürlich wurde auch das Anlaßpedal zerlegt, gereinigt und geschmiert. Beschreibung siehe oben bei der 285. Die Anlasser sind baugleich. Nachdem alles wieder montiert war, ging's ans Einlaufen. Die Maschine lief leicht, der Motor konnte sie gut auf Touren bringen. Schnurrte wie ein Kätzchen und hatte kaum Vibrationen. Nur das Probenähen verlief nicht so gut. Die Maschine ließ Stiche aus. Besonders im Zick-Zack-Betrieb. Das Oberfadenspannungsmodul mußte neu eingestellt werden. Das war recht einfach (Knopf abziehen, auf Nullspannung drehen, Knopf in Stellung Null wieder aufsetzen), jedoch verbesserte sich das Nähbild nicht sonderlich. Grübel, grübel.. Hey, was ist das denn? Die Nadel war falschrum eingesetzt. Jemand hatte die Nadel mit der Flachseite zum Betrachter eingesetzt. Nadel gedreht und alles gut.

So, nun wurde bei den Maschinen noch Zubehör, ein Fläschchen Maschinenöl und die jeweilige Bedienungsanleitung ergänzt. Die Sendung von immerhin zwei von drei gewünschten Maschinen konnte dann an die Flüchtlingshilfe im Rodgau geliefert werden. Sicherlich sind es nicht die Maschinen mit dem größten Funktionsumfang, aber sie sind robust und zuverlässig. Hat mächtig Spaß gemacht und wieder was gelernt.

Die dritte Maschine dieser Klasse war eine Pfaff 208. Vieles an ihr ist gleich wie bei der 204. Allerdings bietet sie zusätzlich zwei Nutzstiche. Die Maschine wurde deshalb so günstig angeboten, da die Befestigung des Motors vom Halteblech abgebrochen war. Naja, sowas wollte ich ja immer schon mal reparieren. Da es ein original Pfaff-Motor war, gibt es für die Bolzen noch Ersatzteile. Allerdings wird für ein Paar etwa 18€ aufgerufen und dann kommt das Porto noch dazu. Die zwei Bolzen haben mehrere Aufgaben. Sie halten das Gehäuse des Motors zusammen. Sie zentrieren innen die Platte mit den Schleifkohlenhaltern. Sie isolieren den Motor gegenüber der Befestigung am Blech der Maschine. Daher ist das Rundmaterial der Bolzen auch nicht durchgängig, sondern mit einer Kunststoffbuchse zur Befestigung abgeschlossen. Und da bricht das dann. Es liegt nahe, diese Bolzen durch Stücke einer M4-Gewindestange zu ersetzen. Nur muß dann auch die Isolierung zum Befestigungsblech gewährleistet sein, denn die Pfaff ist ja ein Gerät der Schutzklasse II, die elektrischen Bauteile sind gegen das Chassis isoliert. Zunächst ein wenig gerechnet und so kam ich auf ein Maß von 103mm (Länge Motor plus Isolierscheibe plus Befestigungsblech plus Scheibe plus Stärke der Mutter). Nach dem Zerlegen des Motors, reinigen, ölen der Lager und läppen des Ankers ging es an den Zusammenbau. Die Bolzen sind so zu montieren, daß sie an der Seite der Motorwelle 12,5mm überstehen. Die Durchführung der Isolierscheibe hatte eine Stärke von 8mm. Daher mußten die Langlöcher des Befestigungsbleches auf dieses Maß aufgefeilt werden. Für den Abschluß der Isolierung fand ich Seilrollen aus Kunststoff von einem alten Radio. Somit ließ sich der Motor wieder an der Maschine befestigen. Die untere Befestigung liegt ja frei, daher verwendete ich hier eine Rändelmutter, die mit einer Kunststoffkappe isoliert wurde. Die andere Mutter schaute etwas unter der Riemenabdeckung hervor, hier half ein Drucksteg von der Zugentlastung eines Netzsteckers, der mit einer Kunststoffschraube befestigt wurde. Der Motor lief anschließend wie Lottchen und der Antriebsriemen wurde aufgelegt. Spulen ging prima, der Spulergummi war noch ausreichend elastisch. Allerdings drehte sich beim Spulen das Nähwerk mit, so daß die Kupplung am Handrad zerlegt, gereinigt und gefettet werden mußte. Der anschließende Nähtest verlief enttäuschend. Der genähte Zick-Zack ging nur über 2 der drei Stiche und der Blindstich blindete nicht. Durch Reinigen und Ölen der Automatik ließ sich das allerdings beseitigen. Dann fand ich noch eine vollständige Bedienungsanleitung bei Pfaff zum herunterladen. Vielen Dank dafür. Der Koffer war während des Transportes eines Paketdienstes gebrochen und konnte mit Heißleim repariert werden. Und wieder eine Maschine fertig für weitere Verwendung. Sie geht wohl zu einer Lehrerin in eine Schule, um bei Nähkursen zu helfen.


Hintere Schrauben gelöst


Entstörkondensator


Schleifkohlenträger ausgebaut


Anker ausgebaut,


eingespannt


Und geläppt


Neue Zugbolzen M4


eingesetzt


Überstand 12,5mm


Motor fertig zur Montage

Hier nun ein paar Fotos, wie es geworden ist. Die Sicherheitsprüfung nach VDE 0702 bestätigt meinen Ansatz. Abschließend gab es noch Filzunterlagen für die Garnrollen. Das ist sehr nützlich, wenn man mit höherer Geschwindigkeit näht, da sich der Faden gleichmäßiger von der Garnrolle abwickelt.


Modifizierung Riemenabdeckung


Befestigung unten isoliert


Befestigung oben, Seilrolle


Sicherheitsmessung VDE 0702


Filzunterlagen für Garnrollen

Und wieder las ich so eine kurze Geschichte in den Kleinanzeigen eines großen Internet-Auktionshauses. Jemand hatte eine Pfaff 295 und wollte sie abgeben. Die Dame schrieb, sie hätte die Maschine wohl mal ersteigert, aber dann keine Geduld zum Nähen aufbringen können. Der Preis war fair, angerufen und nach einer Tour nach Rüsselsheim kam die Maschine in die Werkstatt. Sie wurde 1975 gebaut, hat einen Doppelumlaufgreifer und schon einige Zierstiche drauf, wie elastischer Zick-Zack, Blindstich und Knopflochhilfe. Die eingesetzte Spulenkapsel stammte von einer früheren Maschine. Sie war völlig verharzt und der Lösehebel bewegte sich nach dem Loslassen in Zeitlupe. Fast wie die Klappen von früheren Cassettenrecordern. Da war das gewünscht, hier nicht. Die Kapsel wurde zerlegt, mit einem großen Lappen und WD40 gereinigt und wieder zusammengesetzt. Bei dieser Arbeit sollte man sich an die wohlmeinenden Worte der Mutter in der Jugend erinnern: „Iß über dem Teller !“ Am besten sammelt man die einzelnen Teile in einem Töpfchen. Ich verwende dafür alte Eisbecher, seit es die aus Kunststoff bei unserem Italiener gibt. Die kann man außerdem stapeln. Nichts sollte verlorengehen oder runterfallen, sonst ist es vorbei. Beim Betrachten der Öffnung für die Spulenkapsel fielen mir Fadenreste auf, die von oben in die Öffnung zeigten. Mit einer Pinzette war diesen nicht beizukommen, da sie zu fest hingen, daher wurde die obere Abdeckung des Freiarms ausgebaut. Dafür muß man nur die Schraube lösen, die sich außerhalb der Stichplatte befindet. Nach Ausbau von Nadel und Füßchen kann man die Abdeckung nach oben links entnehmen. Erstmal die Flusen und den Ölfilz entfernt. Dann gibt es da ein Blech, das mit einer Nase in den Umlaufgreifer hineinragt. Nach Lösen der Befestigungsschraube kann man dies entnehmen und die Fadenreste entfernen. Das Blech wird dann wieder so befestigt, daß die Nase ein Spiel von 0,7mm zur Aussparung im Greifer hat. Bei mir wird das mit einem Blechstreifen aus der Restekiste eingestellt. Nun drehte ich am Handrad die Maschine durch und fühlte mit dem Finger die Fadenlaufbahn am Greifer. Hier fand ich Aufschlagstellen von Nadeln, die mit Läppleinen herauspoliert wurden. Hinten am Freiarm findet man noch ein Winkelgetriebe, das den Umlaufgreifer antreibt. In den Zähnen war noch Garn-Fett-Matsche, die mit einem feinen Schraubenzieher Zahn für Zahn entfernt wurde. Dann wurde die Nadel wieder eingesetzt und die Maschine durchgedreht. Die Nadel lief frei. Also mal sehen, wie der Greifer drauf ist. Die Nadel wird auf den unteren Totpunkt gestellt. Dann die Länge der Nadelstange gemessen (Von der Unterseite der Büchse der Nedelstange zur Nadelbefestigung: 35mm), Nun wird die Nadel 2mm höhergestellt (Nadelstange 33mm). Nun sollte die Spitze des Greifers hinter dem Nadelöhr stehen. Es zeigte sich, daß der Greifer etwa 20 Grad nachlief. Um das einzustellen, löst man die beiden Madenschrauben des Kegelzahnrades, das hinten auf der Achse des Umlaufgreifers sitzt und verdreht den Umlaufgreifer solange, bis es paßt. Vorsicht walten lassen, keine Gewalt, denn das Gegenstück hat eine Kunststoffverzahnung. Beim Anziehen der Madenschrauben darauf achten, daß das Spiel zwischen diesen Zahnrädern nicht zu groß wird. Nun denn, schauen wir mal ins Oberteil. Der Kunststoffdeckel ist mit zwei Schrauben befestigt, die gelöst werden. Dann entnimmt man den Einstellknopf für die Stichwahl nach oben, er ist nur eingerastet. Man kann mit einem feinen Schraubendreher von unten nachhelfen. Dann stellt man den Fadenhebel ganz nach unten und fummelt den Deckel nach oben links. Dabei paßt man auf den Drücker des Schalters für das Nählicht auf, daß er nicht abbricht. Wäre sonst unnötige Mehrarbeit und Kosten. Zunächst fiel auf, daß der Hebel zum Heben und Absenken des Füßchens sehr viel Spiel hatte. Schaut man sich die Ankopplung des Hebels an die Mechanik an, so stößt man auf eine Madenschraube. Angezogen und gut. Als Lehre ist in der Stange eine Nut eingfräst. Dafür muß man vorher die Halterung für das Nählicht und den Schalter ausbauen, die mit zwei Schrauben befestigt ist. Dann ein Probelauf mit unterschiedlichen Sticheinstellungen. Dabei fiel mir eine lange Feder auf, die dabei hilft, die Nadel wieder nach rechts zu ziehen, wenn eine Amplitude nach links gesteuert wurde. Diese Feder hat bei hohen Nähgeschwindigkeiten begonnen, mit einem Ausschlag von etwa 10mm zu schwingen. Sicherlich unwichtig, aber interessant zu lösen. Ich erinnerte mich an den Kofferdeckel von meinem Auto, wo in die Federn der Öffnungshilfe Schaumgummistücke geschoben waren, damit sie während der Fahrt nicht schwingen und Geräusche machen. Hier tat es ein 2cm langes Stück eines Pfeifenreinigers, etwa in die Gegend der Mitte der Feder geschoben, daß das Schwingen aufhörte. Jaaa, sowas freut das Herz des Ingenieurs. Ok, wieder etwas ernsthafter. Die Stichlage war noch einzustellen. Sie war insgesamt etwa eine Nadelbreite nach rechts verschoben. Bevor man etwas hier einstellt, sollte man prüfen, ob ein Reinigen der Stichlagenmechanik vielleicht die Lösung ist. War es aber nicht und so gibt es eine Exzenterschraube oben links auf der Betätigung, die mit einer Madenschraube gesichert ist. Zunächst wurde die Lage des Schraubenschlitzes mit einem Filzstift markiert, dann die Made gelöst und die Schraube vorsichtig und langsam verstellt. Nach einer Drehung von vielleicht 30 Grad stand die Nadel richtig und auch der Zick-Zackstich war symmetrisch zur Öffnung im Füßchen. Nun die Abdeckungen wieder aufgesetzt und probenähen. Dafür wurde aber vorher noch der Anlasser zerlegt, gereinigt und geschmiert. Dies ist aber oben bei der 285 bereits beschrieben. Es ist das gleiche Modell. Es war ein Genuß. Die Maschine läuft leise, läßt sich stufenlos regeln, nahezu keine Vibrationen bei allen Geschwindigkeiten und das Stichbild ist sauber. Na bitte, 41 Jahre alt und nach etwas Wartung wieder zurück im Geschäft.


Verharzte Spulenkapsel


Fadenreste im Umlaufgreifer


0,7 mm Abstand zum Haltefinger


Greifertiming


Timing stimmt wieder


Halterung Nählicht


Befestigung Füßchenhebel


Stichlage verschoben


Einstellung Stichlage


Schlagmarken auf Fadenblech


Schlagmarken herauspoliert


Anlasser zerlegt


Und noch die Sicherheitsprüfung

Die Maschine war damit fertig, mal sehen, wo sie hinkommt. Aber da war noch was. Bei der Maschine war auch eine Haube dabei, aber keine Grundplatte. Daher mußte eine neu angefertigt werden. Wegen der Spannclips der Haube hat man wenig Platz für die Platte, so kam eine 5mm Siebdruckplatte zum Einsatz. Diese wurde unten mit zwei Leisten verstärkt, oben wurden Buchenholzleisten aufgetackert, damit die Platte gegenüber der Haube nicht verrutschen kann. In der Restekiste fand sich noch ein alter Beschlag von einem Fenster mit Langlöchern, in die die Krallen der Spannclips einrasten können. Damit das Ganze hier nicht bricht, wurden Bleche untergelegt und zusätzlich mit der Platte verschraubt.


Grundplatte Oberseite


Unterseite mit Streben


Langloch für Haubenclip


Andere Seite


Maschine hat Platz genommen


Zubehör ergänzt


Die Haube


Alles gut verpackt

Dann habe ich noch ein Problem untersucht, das wohl eine Menge Ärger bei Näharbeiten verursacht, je moderner und preisgünstiger die Maschinen wohl sind. Es wird beklagt, daß der Oberfaden häufig beim Nähen reißt, oder die Naht ungleichmäßig wird und alles Nachregeln der Fadenspannungen zu keinem besseren Ergebnis führt. Darauf gestoßen bin ich beim Stöbern in einem Nähforum, es heißt hobbyschneiderin24 . Hier ist bei Problemen ein sehr erfahrener Nähmaschinenmechaniker unterwegs, das ist Josef. Immer für eine Idee gut und sehr engagiert. Er brachte den Begriff „Drallknoten“ in die Diskussion. Es geht darum, daß das Garn bei der Herstellung mit einer bestimmten Drehrichtung gefertigt wird. Dann wird es auf die Spule aufgewickelt und geliefert. Diese Drehrichtung scheint allgemein gleich zu sein. Wickelt man nun den Faden ungünstig ab, so bildet der Faden Knoten, die durch die Oberfadenspannung zum Blockieren des Fadenlaufs führen und der Faden reißt, oder er läuft ungleichmäßig. Manchmal bekommt man beim Kauf einer Maschine eine Einweisung und dort wird erwähnt, daß die Spule so auszurichten ist, daß der Faden in Uhrzeigerrichtung von der Spule abgewickelt wird. Oder die Spule möge sich in Uhrzeigerrichtung drehen, je nach Maschine und Spulenaufnahme. Dies habe ich mal nachgestellt und besonders beim schnellen Nähen ist es mir auch gelungen, den Faden zum Reißen zu bringen. So sieht diese Erscheinung aus.


Faden läuft falschrum von der Spule


Drallknoten vor der Oberfadenspannung

Allerdings möchte ich noch bemerken, daß die 295 diese Effekte recht gut weggesteckt hat. Manchmal ist der Faden deswegen aber auch gerissen. Also bitte die Garnspulen so ausrichten, daß sie im Uhrzeigersinn drehen, oder abgewickelt werden.

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