Pfaff hobbymatic 803
Im Oktober 2015 lieferte ich zwei Pfaff-Maschinen an eine Flüchtlingshilfe in den Rodgau. Irgendwie kam ich auf die Idee, daß noch weitere Maschinen Abnehmer finden könnten. Daß ich einfach nur Spaß habe, abgelegte, überlagerte und überholungsbedürftige Maschinen wieder in einen guten Zustand zu versetzen, kann natürlich auch sein. In den Kleinanzeigen eines großen Internetauktionshauses wurde ich wieder mal fündig und so gelangten über eine seltsame Fügung drei Pfaff hobbymatic 803 Maschinen in meiner Werkstatt. Alle drei wurden im Jahre 1980 gebaut. Da die drei aus unterschiedlichen Quellen stammten, war es interessant zu sehen, wie die einzelnen Komponenten bei unterschiedlicher Lagerung so gelitten haben. Mein Fazit, Nähmaschinen sollten trocken bei gleichbleibender Temperatur gelagert werden, wenn man sie nicht braucht, z.B. in der Wohnung. Die Pfaff hobbymatic hat einen Doppelumlaufgreifer, eine robuste Mechanik und schon Tricks wie eine Knopflochautomatik und Stiche für Elastikmaterialien drauf. Sie hat einen innenliegenden Motor, der über ein Reibrad das schwarze Handrad antreibt. Damit sich das Reibrad bei Nichtgebrauch an der Auflagestelle des Handrades nicht plattdrückt, gibt es unterhalb des Handrades einen Drehknopf mit Nase. Nase waagrecht: Reibrad ist abgehoben. Nase senkrecht: Reibrad treibt an. Am Handrad gibt es noch einen zentralen Drehknopf für die Kupplung. Hier wird das Handrad mit dem Nähwerk kraftschlüssig verbunden. Bei zwei Maschinen waren die Kupplungen derartig angeknallt, daß sie sich mit den Händen nicht lösen ließen. Ganz gut geht hier ein Ölfilterschlüssel vom Auto mit einem Gurt, der um das kleine Rad herumgelegt wird. Das große hält man mit der linken Hand und kann dann das kleine öffnen, indem man den Hebel des Schlüssels zu sich her zieht. Also das innere Rad wie eine normale Schraube öffnen. Allerdings nur ein Stück, da in einem Loch noch eine Schlitzschraube sitzt, die für das Lösen einen Anschlag liefert. Diese dreht man dann heraus und kann das innere Rad abnehmen. Nun sieht man eine Scheibe auf der Welle, eigentlich ist dies eine Scheibenfeder, die nach außen gewölbt ist und nimmt sie ab. Dann kann man das Handrad abziehen. Die Welle kann nun abgewischt und wieder mit etwas neuem Fett geschmiert werden. Dann läuft das Nähwerk beim Spulen nicht so leicht mit. Dann löst man die zwei Schrauben oben auf dem Deckel der Maschine und nimmt ihn ab. Dabei muß man aufpassen, daß man den Knopf, an dem die Stichvarianten einstellbar sind, nicht abbricht. Wenn man auf der Seite des Handrades nun in die Maschine sieht, so erblickt man das Reibrad des Motors, das antreibt. Dies ist mit einer Madenschraube gesichert. Löst man diese, so kann man das Reibrad nach oben abziehen. Das obere Lager des Motors wird nun mit zwei Tropfen Öl geschmiert. Das Gummi des Reibrads prüft man auf Scheuerstellen und mit dem Daumennagel, ob es noch elastisch ist und reinigt es mit Brennspiritus. Nun kann man es wieder aufsetzen und mit der Madenschraube sichern. Natürlich an der Stelle, an der die Motorwelle für die Madenschraube angeschliffen ist.
Da der Deckel schon mal abgenommen ist, kann man den Spulergummi prüfen, ob er verhärtet ist. Ist dem so, so gibt’s einen neuen für kleines Geld als Ersatzteil. Dieser Gummiring mit Trapezquerschnitt ist bei Pfaff bei den verschiedenen Serien sehr verbreitet. Möchte man den Gummi wechseln, so entnimmt man zunächst die Schnappfeder, die den Spulerarm in den beiden Endstellungen festhält. Dann löst man den Federring und kann den Spuler abziehen. Nach Lösen eines weiteren Federrings kann man zunächst eine Scheibe und dann die Spulerwelle mit dem Gummi abziehen und den Gummiring wechseln. Bitte aufpassen, daß die Ringe und die Feder nicht wegspritzen. Man sucht sonst ewig. Bewährt hat sich, einen kleinen Schraubenzieher in eine der beiden Aussparungen des Federrings zu stecken, dann mit dem Zeigefinger der anderen Hand drauf zu drücken und dann den Schraubenzieher zu drehen. Dann springt der Federring nicht weg.
Das Blechpaket der Stichautomatik kann nun gereinigt und geschmiert werden, so daß der Stichwahlknopf und die anderen Schieber wieder leicht laufen. Bitte nur im Uhrzeigersinn drehen, die Pfeilmarkierungen auf dem Knopf sind recht klein und werden leicht übersehen. Der Knopf hat in seiner Aufnahme etwas Spiel. Das ist beabsichtigt, denn die Mechanik unter dem Knopf oszilliert etwas bei laufender Maschine. Damit der Knopf dann nicht zittert, ist dieses Spiel vorgesehen. Nun kann man auf dem Freiarm die hintere Schraube lösen und die Abdeckung der unteren Mechanik mit Stichplatte abnehmen. Ist die Schraube sehr fest, ist ein Winkelschraubendreher hilfreich. Hier gilt es, penibel mit Pinsel, Preßluft, Staubsauger, Schraubenzieher und anderen Hilfsmitteln zu reinigen. Oberflächenrost kann man mit ölgetränkten Wattestäbchen beikommen. Besondere Augenmerk ist auf Fadenreste zu richten, das muß alles raus. Dann wird die Greiferlaufbahn mit zwei Tropfen Öl versehen (und alle sichtbaren Gelenke auch, allerdings sparsamer).
Nun legt man die Maschine auf die Rückseite, wobei der Garnspulenhalter eingeklappt wird, damit er nicht beschädigt wird. Die Grundplatte ist mit vier M6-Schrauben befestigt. Schrauben lösen und Grundplatte auf die Seite legen. Neben dem Motor sieht man die Mechanik der Transportumkehr und kann nach Einstellen des Vorschubrades auf „4“ die Leichtgängigkeit der Umkehrtaste prüfen. Klemmt diese, so gibt man einen Tropfen frisches Öl auf das Gelenk und massiert das mit minutenlangem Tasten solange ein, bis die Mechanik wieder leichtgängig ist. Dabei Rückstände abwischen und neues Öl nachgeben. Interessant, was da alles rauskommt. Auf der Seite des Freiarms sieht man zwei kleine Pleuel, die nun ein Dreieck bilden. Dies dient dem Vorschub. Dreht man das Transportrad auf „0“, müssen beide Pleuel eine Linie bilden. Ist dem nicht so, so kann man die Befestigung des Hebels für die Transportumkehr etwas lösen und das einstellen. Dabei ist darauf zu achten, daß das Gleitstück des Hebels im Betrieb nicht von der weißen Kunststofflaufbahn abrutschen kann. Bei der Gelegenheit kann das untere Lager des Motors mit einem Tropfen Öl geschmiert werden.
Bei zwei Maschinen ließ sich die Oberfadenspannung nach Heben des Nähfüßchens nicht entspannen. Daher wurde die Oberfadenspannung ausgebaut. Es ist ein Kunststofftopf, der die Mechanik enthält und mit einer Madenschraube seitlich gesichert ist. Klemmt der Topf, so kann man mit einem größeren Schraubendreher von hinten auf den Topf klopfen, um ihn nach vorne zu entnehmen. Nun sieht man die Ursache, warum der Topf klemmt. Meist ist der Kunststoff gerissen. Ein Ersatzteil habe ich nicht gefunden, also Vorsicht. Aber das alte Fett kann man jetzt entfernen und den zentralen Stift wieder gängig machen und leicht fetten. Dazu knöpft man die Skala von der weißen Drehmutter und entspannt die Einrichtung durch Lösen der Mutter. Nun kann man Fusseln und alten Schmierstoff entfernen. Verflixt, wie weit schraubt man die weiße Kunststoffmutter wieder auf? Im Netz fand ich eine einfache Regel. Wenn die Skala auf Null steht, gibt es keine Oberfadenspannung. Sehr einfach und eingängig. Mit einem kleinen Schraubendreher fühlt man an den beiden Druckscheiben (Nähfüßchen unten) und spannt so lange, bis sie sich gerade berühren. Dann knöpft man das Skalenrad in Stellung Null wieder drauf Zum Einsetzen der Oberfadenspannung ist es hilfreich, die Gleitflächen vor den Einsetzen mit etwas Vaseline einzustreichen und die Kante der Aufnahme im Chassis mit einem Dreikantschaber etwas zu brechen.
Nun kommt die Bodenplatte dran, denn hier sind zwei Bleche angeschraubt, die zur Aufnahme der Schnapphaken der Haube gedacht sind. Stand die Maschine lange auf feuchtem Boden, z.B. in einer Garage, setzt sich hier Rost an. Der kann mit Schraubstock und einer Messingdrahtbürste entfernt werden. Dann schauen wir mal das Zubehör an. Die Nähfüßchen können mittels einer Sisalscheibe und einer Drehmaschine aufpoliert werden, sofern sie aus Metall sind. Zwei der Maschinen hatten noch einen Anschiebetisch, einer war kaputt. Die kleine schwarze Verriegelung war aus dem Tisch herausgebrochen. Ein 12mm breiter Streifen aus Alublech wurde passend rechtwinklig gebogen und mit Heißleim eingeklebt. Dann funktionierte das auch wieder.
Nun ging es an das Einnähen, alle Stiche bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Dabei zeigte eine Maschine den Effekt, daß sich die Stichlage bei Geradstich veränderte, wenn man den Hebel für die Zick-Zack Amplitude bewegte. Aber dafür gibt es eine Einstellschraube oben an dem Blechpaket der Stichautomatik, wo man das nach Lösen der Schraube einstellen kann.
Dann machen wir die Dinge doch mal schick. Hauben und sonstiges Plastikzubehör kam in den Garten und mit Kunststoffreiniger, einer Handbürste und viel Mechanik wurden drei Farbtöne heller eingestellt. Abgebraust mit Wasser aus der Regentonne, dann getrocknet. Also diese antistatischen Kunststoffreiniger sind einfach Klasse !
Jetzt könnte ich eigentlich liefern, alles läuft und funktioniert prima. Nur ist die elektrische Sicherheit nach VDE0702 noch nicht geprüft. Dafür gibt es Geräte, recht wertvoll, aber zufällig ist eins im Gerätefundus. Die hobbymatic ist ein Gerät nach Schutzklasse 2, das bedeutet, daß das Chassis nicht mit der Schutzerde der Steckdose verbunden ist. Dann gelten hohe Anforderungen bezüglich der Isolation der elektrischen Komponenten der Maschine. Zum Chaasis. Insbesondere sind dies der Motor, das Nählicht und der Anlasser. Über eine Meßleitung zum Chassis wird das überprüft. Zwei Maschinen erfüllten die Tests einwandfrei, bei der dritten lief der Berührungsstrom bei der Messung über den maximal zulässigen Wert. Diese hatte einen Anlasser aus Metall. War wohl ursprünglich für ein älteres Modell gedacht und ich habe es bei der Übergabe nicht gemerkt. Die Isolierung war nicht nachzubessern, daher bekam diese Maschine noch einen neuen Anlasser aus Bakelit. Diese gibt es recht günstig ohne Anschlußkabel. Praktisch, wenn man das Kabel noch hat. Dann klappte es auch mit der Prüfung.
Nächstes Kapitel, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Bedienungsanleitungen sind bei Pfaff noch im Netz verfügbar. Allerdings auf deutsch. Das ist aber sicherlich kein Problem, denn unsere neuen Mitbürger besuchen ja alle sehr fleissig die entsprechenden Kurse. Also Kopien gemacht und alles verpackt. Dann einen Termin vereinbart und drei weitere Nähmaschinen stehen der Flüchtlingshilfe im Rodgau zur Verfügung.