Tonometer Rodenstock Auto NCT-400 bzw. Canon TX-10

Ein ehemaliger Arbeitskollege ist mit einer Augenärztin verheiratet, die eine Praxis betreibt. Das Tonometer gehört zur Erstausstattung der Praxis und dient dazu, den Augeninnendruck berührungslos messen zu können. Dafür legt der Patient sein Kinn auf eine Auflage und der kleine Turm des Gerätes wird über Schrittmotoren auf einem kleinen Bildschirm so ausgerichtet, daß eine Düse in richtigem Abstand auf das Auge zeigt. Nun wird ein kleiner Druckluftstoß ausgelöst und die Messung anhand der Resonanz durchgeführt. Das Gerät tut seinen Dienst seit mehr als 20 Jahren. Leider hat die Firma Rodenstock die Unterstützung für diesen Gerätebereich eingestellt und Partnerfirmen, die das übernahmen, werden immer seltener, oder bieten lieber eine Neuanschaffung an. Ich bekam einen Anruf, daß das Gerät unzuverlässig arbeiten würde und ab und zu Fehlermeldungen ausgibt, die sich mit einem Aus- und Einschalten wieder beheben lassen würden. Interessant, also ab damit in die Werkstatt. Solche Fehler sind schwer zu finden. Der untere Teil des Gerätes besteht aus zwei Halbschalen, die auf der Unterseite mit dem Chassis verschraubt sind (12 Kreuzschlitzschrauben). Seitlich ist noch jeweils eine, dann kann man die Schalen abnehmen. Doch Vorsicht, in der rechten Schale sitzt noch der Drucker, der über drei Kabel angeschlossen ist. Nun sieht man auf der Rückseite den Controller, der über eine Steckverbindung mit der Netzteilplatine und etlichen Steckverbindungen mit andere Baugruppen verbunden ist. Die Steckverbindungen sind unverwechselbar, das hilft schon mal. Bei der Inbetriebnahme zeigte das Gerät keine Fehler. Da wir im Jahre 2018 einen sehr heißen Sommer hatten, schaute ich in den Unterlagen, die im Netz verfügbar sind, nach dem Temperaturbereich, für den das Gerät im Einsatz freigegeben ist. Dies sind max. 30 Grad. Eine Nachfrage ergab, daß in der Praxis keine Klimatisierung existierte und das Gerät den ganzen Tag eingeschaltet ist. Vielleicht eine Überhitzung. Mit einer Thermografiekamera schaute ich mir den Controller mal näher an.


Controller komplett


Oben rechts, Kameraanschluß


Unten links


Links


Oben links Op-Amps


Übersicht der Temperaturen




Friedliche Verteilung


Etwas detaillierter


Max 54 Grad

Keine Auffälligkeiten im Bereich der Temperaturverteilung und auch keine Hotspots. Nach längeren Probeläufen ohne Auffälligkeiten ging das Gerät wieder in die Praxis zurück. Nach acht Wochen erhielt ich die Nachricht, daß das Gerät nun gar nicht mehr arbeiten würde und Fehlermeldungen ausgeben würde. So bekam ich es wieder und stellte auf dem Bildschirm Synchronisierungsfehler im Betrieb fest.




Auch zeigte das Gerät leichte Sprünge bei der Betätigung der Kugel des Bedienteils. Die kann man durch Drehen des umgebenden Rings lösen und entnehmen. Die Aufnehmer der Drehbewegung wurden mit Wattestäbchen und Brennspiritus gereinigt. Ist wie bei einer Rollmaus. Dann war das wieder gut. Das Bedienteil mit dem Bildschirm wurde dann zerlegt und einige Lötstellen nachgearbeitet. Die Überlegung ging dann dahin, daß Spannungen für Elektronik unstabil werden könnten, wenn die Stellmotoren arbeiten. Daher wurde die Netzteilplatine ausgebaut und die Elkos gewechselt. Es waren um die 20 Stück. Bei Reichelt wurde ich für Ersatzteile nahezu vollständig fündig.

Dazu baut man zunächst den Controller aus. Nach Abnehmen der Steckverbindungen (die Batterie unten bleibt angeschlossen) löst man zehn Schrauben, zieht die Steckverbindung zur Netzteilplatine ab und fummelt das Ding raus. Nun sieht man unten am Aluchassis drei Inbusschrauben und oben vier Kreuzschlitzschrauben. Nach Lösen kommt man an die Steckverbindungen der Netzteilplatine ran, kann sie ausclipsen und abziehen. Die Lötstellen waren gut, kein Kondensator sah defekt aus. Nun ging es ans Auswechseln. Die größeren Typen waren mit einer Art Silikonpaste mit der Platine verklebt. Dies bekommt man mit einem feinen Schraubenzieher und viel Gefühl ab, ohne die darunter liegenden Leiterbahnen zu beschädigen. Nach einiger Zeit war das auch erledigt.


Controller ausgebaut


Befestigungsschrauben Chassis


Netzteilplatine


Verkabelung Elko


Verkabelung


Platine ausgebaut


Chassisaufnahme


Netzteilplatine oben


Elkos ausgewechselt


Teile der Beute

Da die Verkabelung nun frei liegt, macht es Sinn, die Drähte auf Knick, Bruch und sonstige Auffälligkeiten durchzuschauen. Hier stellte ich fest, daß im Verlauf des Lebens dieses Gerätes schon etwa sechs Drähte ausgewechselt wurden. Dies wird auch dadurch gefördert, daß der Kabelbaum mit Kabelbindern an Haltern am Chassis befestigt wird. Die Drähte sind sehr dünn und die Kabelbinder wurden sehr fest angezogen. Bei Bewegung der Drähte gibt es so keinen Knickschutz. Nun ging es an den Meßkopf oben am Gerät. Zunächst entfernt man die vordere Blende (eine Kreuzschlitzschraube vorne, eine Inbusschraube unten) und nimmt sie ab. Die nächste vordere Blende läßt sich abnehmen, wenn man seitlich zwei Schrauben löst und dann links, rechts und oben drei Haken der hinteren Schale ausclipst. Mit dem Daumennagel geht das ganz gut. Nun zieht man diese Blende nach vorne ab, nachdem man die Steckverbindungen zweier optischer Elemente abgezogen hat. Die hintere Schale ist mit vier Schrauben befestigt, wobei die hinteren durch die Mechanik des Innenlebens schwer erreichbar sind. Besonders beim Zusammenbau hat hier ein Streifen Tesa geholfen, die Schraube am Schraubendreher zu befestigen und nach hinten zu fummeln.


Vordere Blende


Mittlere Abdeckung


Optische Einrichtungen


Verkabelung rechts


Linke Verkabelung


Schau mir in die Augen, Kleines

Bei der linken Verkabelung für das optische Element wurde noch ein Drahtbruch entdeckt und repariert. Anschließend mit Klebeband fixiert, um die Biegebelastung zu reduzieren. Anschließend ging es an den Zusammenbau. Dabei halfen die vielen Fotos, damit alles wieder stimmt. Sollte man bei einem solch komplexen Aufbau immer machen. Besondere Sorgfalt erhielt der Kabelbaum unterhalb des Meßkopfes, da dort im Betrieb eine Menge Bewegung ist. Nach einem umfangreichen Testlauf konnte das Gerät wieder zurück. Hier noch ein Bild der übriggebliebenen Teile nach der Montage. Einfach auf das Bild klicken:


Kurz vor Weihnachten bekam ich eine E-mail mit dem Betreff „Weihnachtsbastelei statt Weihnachtsbäckerei“. Das Gerät würde wieder unzuverlässig arbeiten. Es erschienen Fehlermeldungen: „Motor error1, press any key to continue“, „System error #1498“, „system error, try to switch on/off“. In der Bedienungsanleitung des Canon TX-10 (baugleiches Gerät) fand ich den Tipp, bei der ersten Fehlermeldung möge man die Blockade des Kopfes lösen und neu starten. Also nahm ich mir diesmal die Mechanik vor und reinigte die Antriebe. Der Kopf hat drei Antriebe für die Verstellung (links/rechts, vor/zurück, hoch/runter). Hier treiben Schrittmotoren Gewindestangen an, die die entsprechende Verstellung vornehmen. Die Gewindestangen wurden gereinigt, entfettet und neu geschmiert. Außerdem stellte ich fest, daß diese Fehlermeldung auch auftrat, wenn man den Kopf ausschließlich horizontal an die vorbestimmten Positionen verfuhr ohne andere Verstellmöglichkeiten zu betätigen. Meldung zwei und drei konnten nicht nachvollzogen werden. Alle Verbindungen des Kabelbaums wurden auf Bruch und sauberen Kontakt geprüft. Dann konnte das Gerät wieder zurück.


Der Kopf


Meßaufnehmer mit Kamera


Antrieb Verstellung


Kabelbaum

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