Telefunken Jubilate (Baujahr 1954)
Ein Radio kam in die Werkstatt. Es gehört einem Bekannten, der es von einem Freund übernommen hatte. Wenn es nicht zu reparieren wäre, so sollte es noch als Ausstellungsstück dienen. Netzkabel war abgeschnitten, Sicherung war durch. Skalenlampe durchgebrannt. Nun, das kann ja was werden. Gerät geöffnet und der Blick fiel auf eine kleine Tasche aus Papier an der Rückwand. Hier fand sich ein Schaltplan des Geräts. Schon mal nicht schlecht. Ja, das waren noch Zeiten, wo der Schaltplan dabei war. Zeiten ? Wow, das Gerät wurde immerhin 1954 gebaut, so wie ich auch. Dann muß ich mich ja mal anstrengen. Zunächst wurde das Chassis ausgebaut. Dies ist mit der Frontplatte über Drähte verbunden. Ein Strang mit dem Übertrager vom Lautsprecher, ein weiterer Strang zu Kontakten der Schaltuhr, denn das Radio ist auch ein Wecker und hat die Möglichkeit einer Einschlafschaltung. Die Bestandsaufnahme verlief leicht enttäuschend, da bei Geräten solchen Alters Bauteile verwendet wurden, die mit der Zeit unzuverlässig werden. Es geht um Kondensatoren, deren Folienwickel mit Teer gegenüber der Außenhülse vergossen sind. Doch schauen wir uns den Schaltplan mal an:
Interessant ist der Bereich des Netzanschlusses. Eine Leitung geht nach dem Einschalter über Dr1 auf einen Trafo, der die Skalenlampe und die Heizung der Röhren versorgt.
D
ie
andere Leitung des Netzkabels geht nach der Dr2 und zwei Schaltern
auf MASSE. Das ist das Blechchassis.
Arbeitet man ohne Trenntrafo bei einer Reparatur solch eines Gerätes, so wird das schnell lebensgefährlich. Da in meiner Werkstatt keine Reparatur von Geräten mit Netzversorgung ohne Trenntrafo passiert, ist das schon mal nicht schlecht. So ein Trenntrafo hat aber noch andere Vorteile, wie sich später zeigen wird. Das Netzkabel war ja abgeschnitten und die Sicherung hatte keinen Durchgang. Vielleicht ein Kurzschluß, also mit dem Ohmmeter mal etwas rumgemessen, leider kein brauchbares Ergebnis. Eine neue Netzzuleitung war sowieso fällig und eine neue Sicherung wurde eingesetzt. Nun wurde die Spannung am Trenntrafo von 50V aus langsam höher geregelt und der 100 Ohm Widerstand vor dem Hochspannungsgleichrichter begann die weiße Flagge zu schwenken (Rauch). Ok, die Diode E220C50 von AEG hat es wohl hinter sich und wurde ausgewechselt. Weitere Messungen an den zwei 50uF-Kondensatoren zeigten, dass sie nur noch weniger als die Hälfte Kapazität hatten. Die Dinger trocknen halt mit der Zeit aus. Daher wurden auch sie abgeklemmt und durch neue ersetzt. Nun wurde die Spannung am Trenntrafo wieder hochgeregelt und der Widerstand blieb friedlich bis 230V. Die Röhren heizten vor, die ausgewechselte Skalenlampe (7V 0,3A) leuchtete und der Lautsprecher begann zu rauschen. Na bitte, geht doch voran. Also wieder abgeschaltet und die Kondensatoren ausgetauscht, an die ranzukommen war und die nicht mehr so gut aussahen. Auf ein Neues, Radio eingeschaltet und UKW gedrückt. Der Skalenzeiger bewegte sich zwar, aber kein Sender war zu hören. Auch das Abstimmungsgeräusch war nicht da. Das Rad, auf dem das Skalenseil lief drehte sich zwar, aber die Welle nicht. Das Rad ist aus Leichtmetallspritzguß, die Welle aus Stahl. Da stimmt wohl was mit der Verschraubung nicht. Ein Nachziehen der Maden des Rades war nicht möglich. Ein erster Versuch, das Rad mit Loctite 243 auf die Welle zu kleben, war nicht stabil genug. Daher wurde die Welle mit 1,5mm durchgebohrt. Dann kam da ein Draht durch und der wurde zu einer Klammer gebogen, die mit Kunstharzkleber in den Aussparungen des Rades verankert wurde. Nach Aushärten des Klebers waren dann auch wieder Sender abstimmbar und klar zu hören.
Alsdann, es geht an die Kür, machen wir das Radio doch mal richtig schick. Chassis und Lautsprechertafel mit Schaltuhr waren ja schon ausgebaut und so mußte nur noch die Kunststoffblende vom Gehäuse abgeschraubt werden. Das Gehäuse war gebrochen und wurde mit Ponal geklebt und gepreßt. Gehäuse entstaubt, Blende mit milder Seifenlauge gewaschen. Knöpfe ausgebaut, in der Seifenlauge geschrubbt und die Messingteile mit Autosol poliert. Damit die Freude länger anhält, anschließend mit Zaponlack versiegelt. Die Glasskala wurde nach Ausbau vorsichtig mit Seifenlauge gereinigt, getrocknet und wieder montiert. So anschließend auch die Knöpfe. Nun konnte die Lautsprechertafel wieder ins Gehäuse, anschließend das Chassis. Für die Schaltuhr fehlte noch ein Knopf für die Einstellung der Weckzeit. Das war gar nicht so einfach, da die Stange der Uhr ein Gewinde M2,3 hatte. So wurde aus einer Einpreßmutter M3 auf der Drehmaschine ein Knopf gedreht, auf dessen Stirnfläche eine M2,3 Messingmutter aufgelötet wurde. Wer hat schon Gewindebohrer für M2,3 ? Naja, und extra dafür kaufen ? Auch nicht.
Ist jetzt wieder ein Schmuckstück. Hat Spaß gemacht. Und hier die Beute: