Stühle mit Kunstleder beziehen

Unsere Stühle im Eßzimmer sind nun 20 Jahre alt und der Stoff ist bei einigen Sitzflächen schon recht stark verschlissen. Aufgrund der umfangreichen Prospekte der Möbelhäuser könnte man doch mal schauen, ob es etwas Neues gäbe, was unsere sechs Stühle ablösen könnte. Die Vorgaben waren: leicht sollten sie sein, um sie einfach verrücken zu können. Der Bezug sollte pflegeleicht (abwaschbar) sein. Verschiedene Farben der Bezüge würde frischen Wind in das Eßzimmer bringen.Eine Armlehne wäre auch von Vorteil. Also los.... Nach dem Besuch von etwa zehn Geschäften blieben eigentlich nur die guten Erinnerungen an die dortigen Restaurants übrig. Preisgünstiges, gutes Essen, wenn man sich vor dem Besuch mit den entsprechenden Gutscheinen ausgerüstet hat. Als alter Geizhals und Bastler kam ich auf die Idee, die vorhandenen Sitzflächen und Lehnenteile selbst zu beziehen. In einem Internetauktionshaus gab es einige Anbieter von Kunstleder einer ganzen Farbpalette. Mit der Besten von Allen gab es eine relativ kurze Abstimmung bezüglich der einzelnen Farben. Nach der Abnahme der Maße für die einzelnen Teile ging dann die Bestellung raus. Kunstleder wird meist in einer Breite von 1,40m gehandelt, hier waren zwei Meter pro Stuhl notwendig. Für die Befestigung wurden noch Tackerklammern mit eine Länge von 6mm geordert. Natürlich habe ich zunächst Versuche mit dem Tacker gemacht, ob sich auch normale Heftklammern verarbeiten lassen. Diese Versuche verliefen sehr traurig, immer wieder klemmte es. Ach ja, ich habe zwei Bosch-Tacker, Typ PTK19E. Es stellte sich heraus, daß normale Heftklammern eine Breite von 0,65mm haben. Dies ist zuwenig für den Tacker. Als kompatibel angebotene Klammern haben eine Breite von 0,7mm. Das geht schon besser, Originalklammern von Bosch haben eine Breite von 0,8mm. Zwei Tage später war das Zeug da und am Wochenende gings dann los. Zunächst kam der erste Stuhl auf die Werkbank. Die Lehnenfläche war mit vier Schrauben befestigt, die Sitzfläche auch. Danach konnten beide Flächen aus dem Rahmen genommen werden. Dann wurden Schablonen aus starkem Papier für jede Fläche angefertigt. Insgesamt wurden es drei, eine für die Sitzfläche, zwei für das Lehnenteil. Der Bezug des Lehnenteils besteht aus zwei Teilen verjüngt sich nach unten um 30mm, so daß ich zunächst ein Muster aus Stoff genäht habe, um heraus zu finden, ob man das durch Biegen der Lehne aufziehen kann. Hat mit viel Kraft funktioniert, ohne daß die Lehne brach, also Verfahren gefunden. Nun ging es an den Zuschnitt des Kunstleders und das Nähen der Lehnenbezüge. Zunächst wurde jeweils die Sitzfläche bezogen. Dafür Sitzfläche auf den Zuschnitt legen und hinten und vorne, links und rechts mit vielleicht jeweils fünf Klammern (6mm Länge) befestigen. Nun arbeitet man sich über die Ecken auf die Geraden. Dabei gilt es, das Kunstleder immer wieder Stück für Stück zu ziehen und in Falten zu legen, um es über die Ecken zu spannen. An den Ecken waren Klammern mit 6mm durch die Falten etwas kurz, daher wurden Klammern mit 8mm verwendet (Die waren im zweiten Tacker). Nachdem der Bezug mit einer Runde Klammern befestigt war, kam noch eine weitere Runde weiter innen dazu. So wurde die Sitzfläche unten wieder flach und niedrig. Die Bezüge für das Lehnenteil wurden schwieriger. Zunächst wurden die Zuschnitte links auf links seitlich vernäht. Dann das Innere nach außen gedreht und die obere Naht gesetzt. Zum Maschinennähen von Kunstleder bewährt sich mindestens eine 100er Nadel, sonst zieht der Oberfaden unten an der Naht Schlaufen, da das gestochene Loch zu klein ist. Und natürlich eine Pfaff Maschine 8-)). Nun wird das Kunstleder oben am Bezug knapp über der Naht abgeschnitten. Der Bezug ist nun unten offen und dort ist er schmaler als oben. Die Lehne wird nun mit der Seite auf die Werkbank gelegt und soweit hinuntergedrückt, daß der Bezug Stück für Stück aufgeschoben werden kann. Kann man sich so vorstellen, als wolle man fünf Seiten Papier in eine Schutzhülle aus Plastik einschieben. Da muß man die Seiten auch zunächst rund biegen, um das dann dort hinein zu bekommen. Nach ewigem Ziehen und Glattstreichen wird die Öffnung des Bezuges mit dem Lehnenteil noch mit Klammern verschlossen. Dann ging es an die Montage. Die Lehne wurde in die Fräsung des Holzes geschoben und die Befestigungswinkel neu ausgerichtet. Dann die Sitzfläche drauf und das Ganze wieder verschraubt. Etwas mehr Kraft ist beim Ausrichten notwendig, da die Bezüge natürlich auftragen. Insgesamt waren etwa 100€ für das Kunstleder und die Klammern notwendig und pro Stuhl brauchte ich etwa 1,5 Stunden.


6 Stühle, 20 Jahre alt


Lehnenteil


Lehne in Holz eingesetzt


Stoff an der Sitzfläche abgenutzt


Befestigung der Sitzfläche


Befestigung Lehnenteil links


Ebenso rechts


Das Gestell des Stuhls


Sitzfläche ausgebaut


Lehnenteil


Nut für Lehnenteil oben


Zuschneiden mit Bosch Xeo


Schablone für Sitzfläche


Zugabe für Befestigung


Zugabe Seite Sitzfläche


Sitzfläche bezogen


Unterseite mit Tackerklammern


Zuschnitt Lehnenteil


Lehne in Bezug eingesetzt


Bezug vorne befestigt


Bezug hinten einschlagen


Lehnenteil eingesetzt


Bleche neu ausgerichtet


Variante Bordeaux


Darf's etwas elfenbein sein ?


Hier in dunkelgrün


Etwas creme zur Aufhellung


Orange für Geburtstagsenkel


Dunkelgrau als Kontrast


Und hier im Quintett

Jaja, Nachhaltigkeit und sonst noch mit ein wenig Neusprech könnte ich jetzt hier angeben. Aber früher nannte man das Sparsamkeit. Und wenn die Gestelle der Stühle noch gut sind und man im Handel nichts Passendes Neues findet, ist so eine Aktion doch ganz brauchbar. Schwierig war die Anfertigung des Lehnenteils und es ärgert mich ein wenig, daß sich besonders im oberen Teil einige Falten nicht vermeiden ließen. Vielleicht klappt das dann in 20 Jahren besser ;-)).

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